"Sie haben mir vorgeschlagen, als Generalprobe mit dem Rucksack auf dem Rücken nach Marienstatt zu gehen. Aber das habe ich nicht gemacht", erzählt er und schmunzelt. Hinterher hätten die Freunde Abbitte geleistet, wenn auch wenig schmeichelhaft: "Respekt, alter Mann!"
Dabei habe er am Tag der Abfahrt "etwas Schiss bekommen", gesteht er, "doch ich konnte und wollte nicht mehr zurück." Der Ehrgeiz war am Anfang nicht besonders groß: "Ich wollte 200 Kilometer schaffen." Doch nachdem die beiden ersten Etappen über die Pyrenäen hinter dem Pilger aus Betzdorf lagen, "habe ich mir gesagt, du schaffst noch mehr." In diesen Worten kommt auch Dankbarkeit und Freude zum Ausdruck, dass die Gesundheit und der Körper beim Abenteuer Jakobsweg mitspielten. Denn noch vor drei Jahren war Greiner an Krebs erkrankt. Unter den Gläubigen oder Sinnsuchenden fühlte er sich nicht als Außenseiter: "Um Gotteswillen, nein, man trifft die fantastischsten Leute." So wie beispielsweise Milos, einen Kroaten aus Berlin, den alle nur "Amigo" nannten: "Ein Kerl wie ein Hüne." Doch an jedem Kreuz fiel Milos auf die Knie und betete "dass er heil ankommen würde." Der "Riese" hatte Probleme mit den Knien. "Ein ganz lieber Mensch und trotz seines Glaubens ganz normal geblieben", meint Greiner in seiner ihm eigenen humorvollen Art. Auch Gerd aus Berlin und Regular aus der Schweiz waren für einige Tage seine Begleiter und "ein Inder aus Stockholm, der für sein Land gelaufen ist."
25-Euro-Treter in der Vitrine
Außerdem waren noch Japaner und jede Menge Australier unterwegs - Langeweile kam jedenfalls bei einer Flasche (oder mehr) Rotwein in den Herbergen nicht auf. "Es war ein einmaliges Erlebnis", schwärmt Greiner. Schaden genommen haben lediglich seine "25-Euro-Turnschuhe". 400 Kilometer Fußmarsch haben deutliche Spuren hinterlassen. Die ramponierten Treter erhalten einen "Ehrenplatz in der Compostela-Vitrine", verkündet Greiner. Den Rest des Jahres wird er ruhiger angehen lassen und seiner Leidenschaft, dem Schach, frönen. Seit bald 40 Jahren ist er Mitglied im Schachverein Betzdorf/Kirchen.
Zufrieden blickt er auf "seinen" Jakobsweg zurück: "Es war ein wunderschöner Erfolg: den weiten Weg zu Fuß zu schaffen, fantastische Menschen zu treffen und eine Landschaft zu genießen, die kaum zu beschreiben ist."
Claudia Geimer
erschienen in der "Rhein-Zeitung", am 28.7.2007