Wolfgang Greiner (1939-2016)
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Jakobsweg

Geburtstag in Santiago de Compostela

Wolfgang Greiner aus Betzdorf machte sich auf den Jakobsweg - "Vater des Eulekinos" lernte auf seiner Pilgerreise "fantastische" Menschen kennen

Mit 67 Jahren wollte es Wolfgang Greiner noch einmal wissen: Der ehemalige Lehrer am Betzdorfer Gymnasium wanderte auf dem berühmtesten Pilgerpfad der Welt. Auf seiner Reise nach Santiago de Compostela traf er neue Freunde, zurück kehrte er mit unvergesslichen Erinnerungen.

BETZDORF. Obwohl er nur einen Steinwurf von der evangelischen Kreuzkirche entfernt wohnt, hat Wolfgang Greiner mit Kirche und Gott nichts am Hut. Dennoch begab sich der ehemalige "Vater" des Betzdorfer Eulekinos und langjährige Lehrer für Mathe und Erdkunde am Betzdorfer Gymnasium in diesem Sommer auf den wohl populärsten Pilgerpfad der Christenheit - auf den Jakobsweg nach Santiago de Compostela. In 30 Tagen legte er 800 Kilometer zurück, 400 zu Fuß, den Rest mit Bus oder Bahn. Unterwegs sammelte er die Stempel in den bescheidenen Herbergen und hielt am Ende die "Compostela" - die Urkunde als Dokument erfolgreicher Pilgerschaft in den Händen.

"Respekt, alter Mann!"

Als Ausgangspunkt wählte Greiner den Pyrenäenort St. Jean-Pied-de Port. Am 16. Mai startete er seine Wanderung und zog am 13. Juni in Santiago de Compostela ein. Das Datum hatte er nicht zufällig ausgewählt. "Ich habe in Santiago meinen 68. Geburtstag gefeiert und die Pilgermesse in der Kathedrale für mich kurzerhand in eine Geburtstagsmesse umgewandelt", erzählt er mit einem verschmitzten Lächeln hinter seiner Nickelbrille, "es haben viele mitgefeiert, die ich unterwegs getroffen habe."

Bei Kaffee und Toast lässt er am Küchentisch die Geschichte seiner Tour Revue passieren. Angefangen hatte es vor einem Jahr, bei einem gemütlichen Abend vor dem Fernseher. Greiner schaute sich einen Film an, der von drei Brüdern handelte, die sich auf den Jakobsweg begaben. "Das war wunderschön und faszinierend", erinnert er sich, "und dann habe ich mir gedacht, das musst du auch mal machen." Kurze Zeit später kam das Buch von Hape Kerkeling auf den Markt. Greiner hat es gelesen: "Interessant geschrieben. Seine Erfahrungen, Leute zu treffen und kennen zu lernen, wollte ich auch machen." Und so sagte schließlich der pensionierte Lehrer wie Hape Kerkeling: "Ich bin dann mal weg". Zur Überraschung seines Freundeskreises: Denn ihr Freund Wolfgang war alles andere als ein leidenschaftlicher Spaziergänger oder gar ambitionierter Wanderer.

 

 

"Sie haben mir vorgeschlagen, als Generalprobe mit dem Rucksack auf dem Rücken nach Marienstatt zu gehen. Aber das habe ich nicht gemacht", erzählt er und schmunzelt. Hinterher hätten die Freunde Abbitte geleistet, wenn auch wenig schmeichelhaft: "Respekt, alter Mann!"

Dabei habe er am Tag der Abfahrt "etwas Schiss bekommen", gesteht er, "doch ich konnte und wollte nicht mehr zurück." Der Ehrgeiz war am Anfang nicht besonders groß: "Ich wollte 200 Kilometer schaffen." Doch nachdem die beiden ersten Etappen über die Pyrenäen hinter dem Pilger aus Betzdorf lagen, "habe ich mir gesagt, du schaffst noch mehr." In diesen Worten kommt auch Dankbarkeit und Freude zum Ausdruck, dass die Gesundheit und der Körper beim Abenteuer Jakobsweg mitspielten. Denn noch vor drei Jahren war Greiner an Krebs erkrankt. Unter den Gläubigen oder Sinnsuchenden fühlte er sich nicht als Außenseiter: "Um Gotteswillen, nein, man trifft die fantastischsten Leute." So wie beispielsweise Milos, einen Kroaten aus Berlin, den alle nur "Amigo" nannten: "Ein Kerl wie ein Hüne." Doch an jedem Kreuz fiel Milos auf die Knie und betete "dass er heil ankommen würde." Der "Riese" hatte Probleme mit den Knien. "Ein ganz lieber Mensch und trotz seines Glaubens ganz normal geblieben", meint Greiner in seiner ihm eigenen humorvollen Art. Auch Gerd aus Berlin und Regular aus der Schweiz waren für einige Tage seine Begleiter und "ein Inder aus Stockholm, der für sein Land gelaufen ist."

25-Euro-Treter in der Vitrine

Außerdem waren noch Japaner und jede Menge Australier unterwegs - Langeweile kam jedenfalls bei einer Flasche (oder mehr) Rotwein in den Herbergen nicht auf. "Es war ein einmaliges Erlebnis", schwärmt Greiner. Schaden genommen haben lediglich seine "25-Euro-Turnschuhe". 400 Kilometer Fußmarsch haben deutliche Spuren hinterlassen. Die ramponierten Treter erhalten einen "Ehrenplatz in der Compostela-Vitrine", verkündet Greiner. Den Rest des Jahres wird er ruhiger angehen lassen und seiner Leidenschaft, dem Schach, frönen. Seit bald 40 Jahren ist er Mitglied im Schachverein Betzdorf/Kirchen.

Zufrieden blickt er auf "seinen" Jakobsweg zurück: "Es war ein wunderschöner Erfolg: den weiten Weg zu Fuß zu schaffen, fantastische Menschen zu treffen und eine Landschaft zu genießen, die kaum zu beschreiben ist."

   Claudia Geimer

erschienen in der "Rhein-Zeitung", am 28.7.2007

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